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Nachruf Prof. Dr. Ulf Rosenow

Am 4. Januar 2024, kurz nach seinem 88. Geburtstag, verstarb Prof. Dr. Ulf Rosenow in Göttingen. Mit ihm verliert die Medizinische Physik einen ihrer prominentesten Vertreter, der sich international und besonders als Pionier dieses seinerzeit in Deutschland, speziell im Westen, noch um Anerkennung ringenden Fachs große Verdienste  erworben hat. Rosenows beruflicher Weg begann nach seinem Physikstudium an der Philips-Universität Marburg in Göttingen, wo er ab 1963 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Strahlenabteilung der Universitätsfrauenklinik angestellt war. Dieser Schritt war prägend für seinen Weg in die Medizinische Physik. Göttingen blieb mit einigen Unterbrechungen bis zu seinem Lebensende sein Wirkungskreis, seine Heimat, wo er mit all seinen Facetten, den wissenschaftlichen Aktivitäten und seinen privaten Interessen fest verwurzelt war. 

Wie ein roter Faden zieht sich durch seine Tätigkeit das Bemühen um Integration von Physik und Medizin. Rosenow hatte das Glück, in Prof. Frischkorn, seinem damaligen Abteilungsleiter, einen stets motivierenden,  engagierten ärztlichen Partner zu haben, sodass die Verbesserung hergebrachter und die Einführung neuer Mess- und Berechnungsverfahren immer rasch Eingang in die klinische Routine fanden. Dies gilt für sein Hauptarbeitsfeld, die computergestützte Bestrahlungsplanung, aber auch seine Entwicklungen im Bereich Dosimetrie, vor allem in der Elektronen-Dosimetrie, elektronischer Patienten-Dokumentation, stereoskopischer Lokalisationstechniken, biologischer Dosis-Effekt-Modelle und vermehrt in den letzten Jahren seines Berufslebens dosimetrischer  Monte-Carlo-Simulationen. Auf ihn gehen als Ergebnis der engen Kooperation mit Medizinern zahlreiche  Entwicklungen im Bereich der Afterloading- und Seedbestrahlung zurück.

Die Promotion erfolgte 1969 mit einer Arbeit über die Röntgen-Stereophotogrammetrie. Weitere Marksteine seiner Laufbahn waren die Habilitation 1971 in Göttingen, seine Ernennung zum Professor 1975 und die Berufung als Leiter der Abteilung Klinische Strahlenphysik 1983.

Über seine wissenschaftlichen Leistungen hinaus war für Rosenow immer auch die Förderung  der  Medizinischen Physik sowohl als Grenzgebiet im akademischen Fächerkanon mit eigenständigen Herausforderungen in Forschung und Lehre als auch ihre organisatorische Repräsentanz nach dem Vorbild in weiter fortgeschrittenen Ländern  eine Herzensangelegenheit. Gerade unter diesem Aspekt trugen die Erfahrungen Früchte, die er auf Grund verschiedener Einladungen aus dem Ausland, besonders aus USA erhielt, wo er unter anderem am  National Cancer Institut der NIH in Bethesda als Gastwissenschaftler wirkte.

So wurde Rosenow eine treibende Kraft bei der Gründung der Fachvereinigung „Physik in der Medizin“, dem Vorläufer der DGMP. Er wurde sofort in den Beirat gewählt und übernahm die Federführung des Ausschusses „Aufstellung von Ausbildungsplänen“. Er zählt zu den  Gründungsmitgliedern der DGMP und setzte sich von Anfang an für ihre Einbindung in die internationalen Organisationen EFOMP, IOMP, IAEA, ICRU ein. Große  Verdienste erwarb sich Rosenow mit seinem DGMP-Arbeitskreis zur Erarbeitung der “Empfehlungen zum Hochschulstudium und zur Fachanerkennung in Medizinischer Physik”, die entscheidend für das Berufsbild des Medizinphysikers in Deutschland wurde. Seinem wissenschaftlichen Schwerpunkt folgend initiierte er 1975 die Gründung des DGMP-Arbeitskreises „Computer in der Strahlentherapie“, aus dem eine Reihe praktischer Empfehlungen zur Qualitätssicherung wie die Etablierung von Ringversuchen und Prüfstandards hervorgingen. Hervorzuheben ist dabei der unter seiner Federführung ausgearbeitete erste DGMP-Bericht „Grundsätze zur Bestrahlungsplanung mit Computern“. Die internationale Verflechtung unseres Faches betrieb er mit großem Elan, etwa durch die  vom korrespondierenden Mitglied der DGMP John Clifton unter Mitwirkung von Rosenow gegründete Konferenzserie „International Conference on Computers in Radiation Therapy“, deren Gastgeber er 1977 in Göttingen war. 1980 organisierte er die Jahrestagung der DGMP in Göttingen. Schließlich war Rosenow in die Vorarbeiten zur Gründung der von Prof. D. Harder initiierten Zeitschrift „Medizinische Physik“ eingebunden.

Nach seiner Emeritierung war er in mehreren Entwicklungsländern tätig und half dort beim Aufbau der Bestrahlungsplanung und der klinischen Dosimetrie.

Ulf Rosenow war vielseitig interessiert, z.B. an bildender Kunst und Literatur. Aber über ihn zu berichten, ohne sein wichtigstes Hobby wenigstens zu erwähnen, ergäbe nur ein unvollständiges Bild. Bereits in seiner Studienzeit in Marburg hatte er sich mit Leib und Seele dem Flugsport verschrieben. Wann immer Zeit auch später im Berufsleben blieb, zog es ihn als begeisterten Segelflieger und ab 1971 sogar als Fluglehrer hinaus in seinen Göttinger Segelfliegerclub. Symbolhaft stehen die besonderen Anforderungen in dieser Sportart, Verantwortungsgefühl, Disziplin, Verlässlichkeit und klar strukturiertes, überlegtes Handeln in allen Situationen als seine auch im Berufsleben prägenden Eigenschaften.

Wir und mit uns alle seine vielen Freunde haben in allen Begegnungen, zuletzt noch anlässlich der DGMP-Tagung 2022 in Aachen mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der DGMP an ihn, seine wunderbare menschliche Seite geschätzt, seine Spontaneität und unkonventionelle Art, seine Natürlichkeit und Offenheit, seine sprudelnde Kreativität, seine Stringenz und Scharfsinnigkeit in allen Debatten, seine unbeschwerte Fröhlichkeit, mit der er selbst kritische Situationen entspannen konnte. Man hat sein Lachen über manche skurrile Anekdoten aus vergangener Zeit beim abendlichen Glas Wein noch im Ohr, aber auch manch nachdenkliche Bemerkungen über Alter und gesundheitliche Einschränkungen beim letzten Treffen, die fast ein wenig nach Vorahnung des nicht zu fernen Endes seines Lebensweges klangen.

Wir nehmen Abschied von einem herausragenden Wissenschaftler, einem vorbildlichen akademischen Lehrer, einem wunderbaren Menschen, einem engen, zuverlässigen Freund.
Wir trauern mit seiner Frau Christiane und seinen Kindern.

Fridtjof Nüsslin, Jürgen Richter